In Zusammenarbeit mit Antti Niku, Senior Manager, Digital Transformation, PwC UK
Digitale Sprachassistenten könnten für Finanzdienstleistungen einen ähnlich großen Einfluss haben wie die Einführung von Smartphones vor einem Jahrzehnt. Dabei ist das Potenzial zur Verbesserung des Kundenerlebnisses noch größer. Wie schnell kann sich Ihr Unternehmen auf die Ära der Stimme vorbereiten?
Von der Auswahl des Restaurants bis zum Abspielen von Musik, die zur Stimmung passt – Sprachassistenten in Mobiltelefonen, intelligenten Lautsprechern und anderen Geräten sind Teil unseres Alltags. Aktuellen Forschungsergebnissen zufolge dürfte bis 2020 bereits die Hälfte der Suchanfragen sprachbasiert sein.
Die erste Generation von Sprachassistenten ließe sich wohl als „plump“ beschreiben: Nutzer mussten langsam sprechen und durften keine komplexen Fragen stellen. Doch die Spracherkennung, aber auch das Einfühlungsvermögen und Verständnis für den Umgang mit Kunden, sogenannte „Konversationsintelligenz“, haben sich deutlich verbessert. Dafür verantwortlich ist auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Sie arbeitet im Hintergrund und kann Anfragen immer besser verarbeiten und das Nutzerverhalten deuten.
Sprachassistenten werden benutzerfreundlicher, zuverlässiger und ausgereifter. Damit steigt auch das Interesse von Banken, Versicherern und Vermögensverwaltern sowie Technologieunternehmen an solchen Anwendungen. Dabei sind letztere sowohl Partner als auch potenzielle Wettbewerber.
Möglichkeiten für die Anwendung von Sprachassistenten
Schon jetzt können Kunden mithilfe von Sprachassistenten ihr Guthaben überprüfen, Rechnungen bezahlen oder Versicherungsansprüche nachverfolgen. Doch das ist erst der Anfang. Um zu verstehen, welche Rolle Sprachassistenten für Finanzdienstleistungen künftig spielen werden, haben wir bei PwC ein Benchmarking bestehender Dienstleistungen vorgenommen und Experten, Technologieanbieter und Innovationsführer aus der Branche befragt.
Die Ergebnisse verdeutlichen das große Potenzial dieser kontinuierlich lernenden Sprachassistenten. Sie können helfen, den Kunden besser zu verstehen und Dienstleistungen gezielter auf seine Bedürfnisse zuzuschneiden. Viele Branchenteilnehmer rechnen beispielsweise damit, dass bereits 2020 die ersten Finanzberatungsservices von Sprachassistenten durchgeführt werden. Auf Basis eines Benutzerprofils könnten Sprachassistenten etwa personalisierte Versicherungsempfehlungen abgeben und bei Bedarf maßgeschneiderten Versicherungsschutz anbieten.
Die größte Sorge der Befragten besteht darin, dass Technologie- und Internetgiganten das Potenzial von Sprachassistenten im Bereich Financial Services erkennen könnten. Etablierte Finanzdienstleister liefen damit Gefahr, ihre Kunden zu verlieren und aus dem Geschäft ausgeschlossen zu werden. Deswegen ist es für Finanzdienstleister umso wichtiger, einen Schritt voraus zu sein.
„Early movers“ profitieren in Bezug auf Geschwindigkeit, Nutzerfreundlichkeit und niedrige Kosten. Kunden müssen nicht mehr in der Warteschlange warten, bis man sich um sie kümmert. Denn wenn der Sprachassistent die einfachen Anfragen übernimmt, hat der Kundenservice Zeit für komplexere Anliegen.
Kunden können ihre Zeit darüber hinaus effizienter nutzen. So könnten sie auf dem Weg ins Büro die Zahlungen offener Rechnungen bestätigen. Bei der Zubereitung des Abendessens könnte sie der Sprachassistent täglich über Ausgabenmuster oder die Performance ihres Vermögensportfolios informieren und individuelle Empfehlungen abgeben, wie der Kunde seine Investitionswerte steigern kann.
Innerhalb weniger Jahre könnten digitale Sprachassistenten mobile Geräte als Hauptpunkt der Kundeninteraktion verdrängen – ähnlich wie „mobile“ „online“ im letzten Jahrzehnt weitgehend abgelöst hat. Da das Sprechen wesentlich einfacher ist als das Tippen auf der Tastatur, könnte das Gerät, wie wir es kennen, möglicherweise verschwinden. Computer könnten sich langfristig in intelligente Sprachassistenten verwandeln.
Wenn die beschriebenen Entwicklungen an Tempo gewinnen, können Finanzdienstleister es sich nicht leisten, den Anschluss zu verlieren. Die Herausforderung besteht darin, genügend Zeit aufzuwenden, um Sprachfähigkeiten zu entwickeln, zu testen und zu verbessern. Das betrifft sowohl die Konversationsintelligenz im Frontend als auch die Prozessautomatisierung, aber auch fortgeschrittene Analysen und die Fähigkeit zur Integration von Ökosystemdiensten von Drittanbietern, die für die Ausführung von Aufgaben im Hintergrund erforderlich sind.
Wie ein Schüler muss auch Machine Learning, das Sprachassistenten im Hintergrund unterstützt, die Grundlagen unterrichtet bekommen. Erst dann kann es lernen und Fortschritte machen. Die gute Nachricht ist, dass wichtige Schritte wie der Aufbau der Workflow-Automatisierung für Sprachassistenten ein neues Maß an Effizienz und ein verbessertes Benutzererlebnis auch für andere Kanäle wie etwa Apps bieten können.
Die Nutzung von Sprachassistenten bietet also interessante Möglichkeiten. Wer sie nutzen möchte, für den gibt es viel zu tun, um mit den Entwicklungen Schritt zu halten. Wir behalten für Sie im Blick, welche Überlegungen notwendig sind, um effektive Sprachanwendungen zu entwickeln.