Die internationale Staatengemeinschaft – allen voran die OECD und die EU – treibt die Einführung eines globalen Mindestbesteuerungssystems als weitere Maßnahme gegen Gewinnverlagerung und Gewinnverkürzung mit Nachdruck voran. Die von der OECD im Dezember 2021 veröffentlichten „Model Rules“ und die darauf aufbauende EU-Richtlinie zur Einführung der globalen Mindestbesteuerung zeigen klar die Wirkungsweise der Neuregelungen auf und geben den Umsetzungsrahmen vor.
Um die effektive Steuerlast von niedrig besteuerten Konzerngesellschaften auf ein weltweit einheitliches Mindestbesteuerungsniveau zu heben, wird eine eigene Ergänzungssteuer („Top-up Tax“) in Höhe der Differenz zwischen dem globalen Mindeststeuersatz von 15% und dem niedrigeren Effektivsteuersatz eingehoben. Dies gilt für Gesellschaften und Betriebsstätten sämtlicher Konzerne mit einem Jahresumsatz über EUR 750 Millionen.
Dieses hochkomplexe Mindestbesteuerungssystem wurde im Dezember 2022 als EU-Richtlinie beschlossen und ist nun von den einzelnen EU-Mitgliedstaaten in nationales Recht umzusetzen. Die Umsetzungsfrist läuft bis 31. Dezember 2023, die neuen Regelungen sind ab 1. Jänner 2024 anzuwenden.
Um ein global einheitliches Besteuerungssystem mit einer weltweit einheitlichen Ermittlung des Effektivsteuersatzes sicherzustellen, wurde ein hochkomplexer Berechnungsmechanismus mit eigenen Vorschriften zur Gewinnermittlung erarbeitet.
Dabei sind zahlreiche Besonderheiten zu berücksichtigen:
Ab Inkrafttreten der Vorschriften ist grundsätzlich jede einzelne Konzerngesellschaft oder Betriebsstätte zur Abgabe einer eigenen Top-up Tax-Erklärung verpflichtet – selbst wenn im Ergebnis für die einzelnen Gesellschaften oder für den ganzen Konzern keine Top-up Tax anfällt.
Abschreckende Strafen stellen einen hohen Anreiz zur Einhaltung dieser Compliance Verpflichtungen dar.
Der aus dem globalen Mindestbesteuerungssystem resultierende beträchtliche Compliance Aufwand wird die Steuerfunktionen erwartungsgemäß vor neue Herausforderungen stellen - neben zahlreichen steuertechnischen Fragen auch prozesstechnisch sowie technologisch.
Dies gilt gleichermaßen für Gesellschaften und Konzerne mit Konzernleitung in Österreich als auch für inländische Gesellschaften und Betriebsstätten, die Teil eines ausländischen Konzerns sind.
Um auf die neuen Herausforderungen bestmöglich vorbereitet zu sein, sollten diese frühzeitig, ganzheitlich und funktionsübergreifend angegangen werden. Hierbei gilt es, unter anderem die folgenden Punkte zu berücksichtigen:
Die EU-Richtlinie ist von den Mitgliedstaaten bis 31. Dezember 2023 in nationales Recht umzusetzen und ab 1. Jänner 2024 von den Steuerpflichtigen anzuwenden. Die Regelungen der EU-Richtlinie stimmen weitestgehend mit den OECD-Model Rules überein.
Die Pillar II-Regelungen zielen darauf ab, eine effektive Mindestbesteuerung in Höhe von 15% für große Konzerne einzuführen, um einen exzessiven Steuerwettbewerb zwischen den Staaten zu unterbinden.
Die Pillar II-Regelungen sind von den EU-Mitgliedstaaten bis 31. Dezember 2023 umzusetzen und kommen ab 1.Jänner 2024 zur Anwendung. Abweichend davon ist für die UTPR das Datum des Inkrafttretens mit 1. Jänner 2025 vorgesehen.
o Ausgangspunkt der Berechnung des adaptierten Einkommens ist der nach dem Rechnungslegungsstandard des Konzernabschlusses der obersten Muttergesellschaft (IFRS oder vergleichbarer Rechnungslegungsstandard) ermittelte Gewinn oder Verlust dieser Gesellschaft oder Betriebsstätte vor Konsolidierung. Dieses Ergebnis ist in einem nächsten Schritt um bestimmte Positionen (bspw. Steueraufwand, erhaltene Dividenden von Beteiligungen mit Beteiligungsausmaß ≥ 10% oder Behaltedauer > 1 Jahr, Anpassungen von Fair Value Bewertungen, uvam.) zu adaptieren.
o Die in einem Staat zu berücksichtigenden Steuern umfassen die Gewinnsteuern und Quellensteuern. Nach dem Grundprinzip sind Steuern in jenem Staat zu berücksichtigen, in dem die zugrunde liegenden Gewinne erwirtschaftet wurden. Außerdem sieht die Richtlinie spezifische Vorschriften zur Berücksichtigung temporärer Differenzen (z.B. für Verlustvorträge) vor. Damit ist eine eigene latente Steuerberechnung für Pillar II-Zwecke erforderlich.
EU-Mitgliedstaaten können optional eine nationale Top-up Tax für die jeweils in ihrem Hoheitsgebiet ansässigen, niedrigbesteuerten Gesellschaften und Betriebsstätten einführen. Damit würde bereits auf nationaler Ebene eine (Mindest-)Besteuerung iHv 15% erreicht werden. Bei Einhebung einer nationalen Top-up Tax fällt somit auf Ebene der obersten Muttergesellschaft keine (zusätzliche) Top-up Tax mehr an. Durch die nationale Top-up Tax können die Mitgliedstaaten die Steuermehreinnahmen vereinnahmen, die bei den in ihrem Staatsgebiet ansässigen, niedrigbesteuerten Gesellschaften in Folge der GloBE-Regelungen anfallen würden.
Jede Konzerngesellschaft hat eine eigene Steuererklärung betreffend die Top-up Tax einzureichen, wenn eine solche Erklärung nicht bereits von der obersten Muttergesellschaft oder einer anderen Konzerngesellschaft in einem Staat eingereicht wurde, mit dem ein umfassender Informationsaustausch besteht. Die Steuererklärung ist innerhalb von 15 Monaten nach Ende jenes Wirtschaftsjahres einzureichen, auf das sie sich bezieht (im ersten Jahr des Inkrafttretens der Neuregelungen: innerhalb von 18 Monaten).
Für Verstöße gegen die Pillar II-Regelungen (bspw wenn eine Konzerngesellschaft der Verpflichtung zur Abgabe einer inhaltlich korrekten Top-up Tax-Erklärung nicht fristgerecht nachkommt oder die Zahlung der Top-up Tax nicht fristgerecht erfolgt) sollen die Mitgliedstaaten „wirksame, verhältnismäßige und abschreckende“ Sanktionen einführen.
11. Dezember 2024
Pillar II: Verordnung mit Klarstellungen zu den CbCR-Safe-Harbours veröffentlicht
Die Basis für die Inanspruchnahme des temporären CbCR-Safe-Harbour ist ein qualifizierter länderbezogener Bericht, welcher nur dann vorliegt, wenn dieser anhand einer qualifizierten Finanzberichterstattung erstellt wird. Die am 5. Dezember 2024 veröffentlichte Verordnung des Bundesministers für Finanzen liefert nun nähere Klarstellungen unter welchen Voraussetzungen ein länderbezogener Bericht (CbCR) und eine Finanzberichterstattung als qualifiziert angesehen werden können.
24. Oktober 2024
(Potentielle) Meldepflicht in Österreich bis Jahresende 2024
Sind in Österreich mehrere Geschäftseinheiten eines Konzerns ansässig, ist nur eine einzige österreichische Geschäftseinheit die „Abgabepflichtige“ für Pillar II-Zwecke. Diese abgabepflichtige Geschäftseinheit ist verantwortlich für die Entrichtung einer etwaigen Mindeststeuer in Österreich sowie der Abgabe der Voranmeldung.
Für die Bestimmung der Abgabepflichtigen kann eine österreichische Geschäftseinheit hierfür von der obersten Muttergesellschaft beauftragt werden. Erfolgt keine Beauftragung, wird lt. Gesetz die oberste in Österreich gelegene oder die wirtschaftlich bedeutendste Gesellschaft herangezogen. Die restlichen österreichischen Gesellschaften haften jedoch weiterhin für eine etwaige Mindeststeuer.
Erfolgt die Beauftragung der Abgabepflichtigen für Pillar II-Zwecke von der obersten Muttergesellschaft, hat bei Regelbilanzstichtag eine Meldung bis 31.12.2024 via FinanzOnline zu erfolgen.
Weitere Informationen dazu können Sie den Steuernachrichten von PwC Österreich entnehmen. Der relevante Beitrag ist unter folgendem Link abrufbar. Zudem ist eine diesbezügliche Anfragebeantwortung des BMF unter folgendem Link zu finden.
21. Oktober 2024
Meldepflicht in Deutschland: Gruppenträgermeldung
In Deutschland ist eine Meldepflicht hinsichtlich der Bestimmung des Gruppenträgers der Mindeststeuergruppe zu beachten, für die in der vergangenen Woche ein Meldeformular veröffentlicht wurde. Dieses ist vom Gruppenträger der deutschen Mindeststeuergruppe einzureichen. Die Frist dafür endet zwei Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres, somit bei Regelbilanzstichtag am 28. Februar 2025.
Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem Newsletter unter folgendem Link.
17. Juni 2024
OECD: Weitere Administrative Guidance veröffentlicht
Am 17. Juni 2024 wurde seitens der OECD eine weitere Administrative Guidance veröffentlicht. Darin enthalten sind etwa Klarstellungen sowie Erleichterungen hinsichtlich der Behandlung von latenten Steuern in der Pillar II-Berechnung, insbesondere zur Nachversteuerung langfristiger passiver latenter Steuern. Das neue OECD-Dokument ist abrufbar unter folgendem Link.
14. Juni 2024
Österreich: FAQs zum Mindestbesteuerungsgesetz (Teil 1) veröffentlicht
Am 14. Juni 2024 hat das BMF die ersten FAQs zum Mindestbesteuerungsgesetz veröffentlicht. Darin gibt das BMF seine derzeitige Rechtsansicht zu einzelnen Praxisfragen, welche von der KSW übermittelt wurden, wieder. Folgende Themenbereiche sind vom ersten Teil des FAQ-Prozesses umfasst:
I. Anwendungsbereich
II. Safe-Harbours
III. Übergangsbestimmungen und Inkrafttreten
Die FAQs sind unter folgendem Link abrufbar. Weitere FAQs sind zu erwarten.
27. Mai 2024
Meldepflichten in Belgien, Irland und UK
Erste Länder führen Melde- und Registrierungspflichten iZm Pillar II ein. Nähere Infos zu den Meldepflichten in Belgien, Irland und UK finden Sie unter folgendem Link.
04. März 2024
Österreich: BMF führt gemeinsam mit KSW einen Pillar II FAQ Prozess ein
Die Anwendung des Mindestbesteuerungsgesetzes führt aufgrund der Komplexität der Vorschriften zu zahlreichen Zweifelsfragen. Um diese zu klären, führt das BMF gemeinsam mit der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (KSW) einen FAQ-Prozess ein. Durch die frühzeitige Information der betroffenen Konzerne über die Rechtsauffassung des BMF soll die Rechtsanwendung erleichtert werden.
Im Rahmen des FAQ-Verfahrens werden gesammelte Praxisfragen gemeinsam mit Antwortvorschlägen von der KSW an das BMF übermittelt. Sodann sollen Antworten und Rechtsansichten als Anfragebeantwortung auf der Webseite des BMF veröffentlicht werden.
02. Jänner 2024
Österreich: Veröffentlichung Mindestbesteuerungsgesetz
Rechtzeitig vor dem Jahreswechsel wurde am 30. Dezember 2023 das Mindestbesteuerungsgesetz im digitalen Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Damit ist das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen und die Vorschriften sind per 31.12.2023 in Kraft getreten.
Das globale Mindestbesteuerungsregime umfasst allgemein sowohl internationale als auch rein nationale Konzerne, die die Umsatzschwelle von EUR 750 Millionen überschreiten.
In Österreich werden damit in erster Linie die Inlandskonzerne mit oberster Muttergesellschaft in Österreich betroffen sein. Die in Österreich ansässigen obersten Muttergesellschaften sind verpflichtet, eine Top-up Tax-Steuererklärung in Österreich abzugeben und eine für den Konzern etwaig anfallende Top-up Tax in Österreich abzuführen. Hierfür wird es erforderlich sein, den Informationsaustausch zwischen den Konzerngesellschaften und Betriebsstätten sowie das Rechenwerk im Konzern den Anforderungen entsprechend zu gestalten.
Doch nicht nur die obersten Muttergesellschaften werden durch Pillar II verpflichtet: österreichische Konzerngesellschaften und Betriebsstätten ausländischer Konzerne müssen sich gleichermaßen auf die Umsetzung von Pillar II einstellen. Einerseits kann die Verpflichtung zur Abfuhr der Top-up Tax auf die österreichische Konzerngesellschaft übergehen (wenn die oberste Muttergesellschaft in einem Nicht-EU-Staat ansässig ist, der keine vergleichbaren Pillar II-Regelungen anwendet). Andererseits haben auch österreichische Konzerngesellschaften und Betriebsstätten eine eigene Top-up Tax-Erklärung abzugeben (wenn eine solche Erklärung nicht bereits von der obersten Muttergesellschaft oder einer anderen Konzerngesellschaft eingereicht wurde; in diesem Fall muss die österreichische Konzerngesellschaft zumindest die entsprechenden Daten bereitstellen). Für Zwecke von Pillar II wird es für die österreichischen Konzerngesellschaften erforderlich sein, verstärkt die relevanten Daten zu identifizieren, zu erheben, auszuwerten im Konzern auszutauschen.
Auch wenn in Österreich ein nomineller KöSt-Satz von aktuell 25% (herabgesetzt auf 24% in 2023 und 23% ab 2024) greift, kann das Vorliegen einer Niedrigbesteuerung im Sinne von Pillar II bei österreichischen Konzerngesellschaften und Betriebsstätten nicht pauschal ausgeschlossen werden. Pillar II sieht nämlich die Anwendung eines vom nationalen Steuerrecht losgelösten Rechenmechanismus vor. Bestimmte nationale Steuerspezifika und Begünstigungen sind den Pillar II Regelungen fremd, weshalb in zahlreichen Konstellationen auch ein hoher nomineller Steuersatz eine effektive Niedrigbesteuerung gemäß Pillar II nicht verhindert.
Dies betrifft insbesondere Steuereffekte, die aus Begünstigungen – wie etwa in Österreich der Forschungsprämie oder dem neuen Investitionsfreibetrag – entstehen. Aber auch bloß temporäre Differenzen und der Zeitpunkt einer Steuerzahlung können sich im Einzelfall auf den Effektivsteuersatz (negativ) auswirken. Selbst in Verlustkonstellationen kann aufgrund der spezifischen Berechnungsweise im Pillar II-Regime eine Top-up Tax für österreichische Gesellschaften und Betriebsstätten anfallen.
Um im Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung den Anforderungen von Pillar II gerecht zu werden, muss bereits im Voraus für jede einzelne Konzerngesellschaft analysiert werden, welche Rolle sie nach den Pillar II Regelungen spielt, welche Verpflichtungen damit für sie einhergehen und wo die jeweiligen Top-up Tax Risiken liegen.
Anschließend an diese erste Evaluierung des Status Quo gilt es, sich für den mit Pillar II verbundenen hohen Datenerhebungsaufwand vorzubereiten und unternehmens- bzw. konzerninterne Prozesse anzupassen. Dies betrifft:
Damit Sie im Hinblick auf die Einführung eines globalen Mindestbesteuerungssystems bestmöglich vorbereitet sind, frühzeitig die entsprechenden erforderlichen Umsetzungsschritte setzen können und anschließend die laufende Compliance effizient und im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben abwickeln, unterstützen wir Sie gerne.
Dies kann etwa – allenfalls modular – im Rahmen von gemeinsamen Workshops, Analysen oder durch Erarbeitung und Umsetzung der notwendigen Prozesse sowie Verzahnung von Steuern mit Rechnungslegung und IT-Systemen erfolgen. Wir finden einen auf Ihr Unternehmen und Ihre individuellen Anforderungen zugeschnittenen Lösungsansatz.