Digitale Sprachassistenten in der Finanzbranche: Die Kunst der Konversation

Georg Ogrinz, Partner Banking Consulting, PwC Österreich

In Zusammenarbeit mit Antti Kilpelä, Service Design Director, PwC Experience Center Helsinki

Digitale Sprachassistenten können Ihr Unternehmen in den Alltag Ihrer Kunden integrieren. Damit sich Kunden aber auf die digitalen Sprachassistenten einlassen, brauchen diese „Conversational Intelligence“ – also die Empathie und das Verständnis, um auf Augenhöhe zu kommunizieren und eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich Kunden wohl fühlen. Doch wie lässt sich so ein vertrauensvolles, ansprechendes Gesprächserlebnis schaffen?

Im vorangegangenen Beitrag haben wir untersucht, wie digitale Sprachassistenten das Kundenerlebnis im Bereich Financial Services neu definieren könnten. Ein Sprachassistent würde Kunden 24/7 zur Seite stehen und sie auf eine Weise kennenlernen, wie es ein Kundenbetreuer nie könnte. Um ihm ein wahrer „Freund“ zu sein, muss der Assistent mit den Kunden auf derselben Ebene sprechen können. Denn Sprache ist die Grundlage für emotionale Verbindungen.

Diese Bedeutung der „Conversational Experience“ unterstreicht auch eine aktuelle PwC-Studie, für die Sprachdienste im Finanzbereich verglichen sowie Interviews mit Führungskräften, Innovatoren und Technologieanbietern der Branche geführt wurden. Der Leiter für den Bereich Customer Experience einer führenden Bank fasst die Notwendigkeit, die Interaktion zwischen Kunde und Sprachassisstent zu vermenschlichen, so zusammen:

„Technologie wird zu einer Zweckmäßigkeit – eine Differenzierung erfolgt nur durch personalisierte empathische Erfahrungen.“

Head of Customer Experience bei einer führenden Bank

Genauigkeit, Flexibilität und Vertrauen

Flüssige Gespräche wie Menschen sie miteinander führen, waren für Künstliche Intelligenz bis dato schwer zu replizieren. Das ändert sich nun. Die Fortschritte in der natürlichen Sprachverarbeitung (NLP – Natural Language Processing), im Bereich Deep Learning und Spracherkennung nehmen an Geschwindigkeit zu. Die digitalen Sprachassistenten lernen nach und nach, die Stimmung des Kunden einzuschätzen, ihm ein guter Zuhörer zu sein und den richtigen Ton zu treffen. Kurz: Sie lernen die Kunst des Gesprächs. Unsere Studie hat die wichtigsten Grundlagen für die Vermenschlichung von Sprachassistenten herausgearbeitet.

„Führen Sie das Gespräch von Anfang an richtig.“

Leiter kognitiver und digitaler Dienstleistungen bei einer führenden Bank

Das Gespräch mit dem Sprachassistenten muss präzise sein. Selbst kleine Missverständnisse oder Störungen im Gespräch können den Kunden frustrieren und zum Gesprächsabbruch führen. Wichtig ist vor allem auch das Verständnis für Dialekte, Umgangssprache und sprachliche Nuancen.

Personen haben unterschiedliche Vorlieben, wie sie mit Sprachassistenten interagieren und Aufgaben erledigen möchten. Um sich an diese verschiedenen Herangehensweisen anzupassen, müssen Sprachassistenten flexibel und intuitiv reagieren können.

Wie bei einem Gespräch mit einem engen Freund müssen Kunden dem Assistenten vertrauen können. Sie müssen sicher sein, dass das, was sie sagen, vertraulich behandelt wird und wissen, wie die Informationen verwendet werden, die sie preisgeben. Sie brauchen das Gefühl, dass der „Zuhörer“ die Interessen des Kunden in den Mittelpunkt stellt.

Wie kann Ihr Unternehmen „Conversational Intelligence“ aufbauen?

1. Stellen Sie sicher, dass das Gespräch richtig geführt wird und bauen Sie darauf auf

Gespräche zwischen Kunden und Sprachassistenten verlangen ein hohes Maß an Genauigkeit. Um den Kunden nicht zu frustrieren, ist die Feinabstimmung des Sprachassistenten vor dem Einsatz in der Öffentlichkeit umso wichtiger.

Anfangs werden Sie versuchen, bei Ihren Kunden Vertrauen aufzubauen. Dazu eignen sich einfache Interaktionen wie das Ändern eines Passworts oder das Sammeln von Informationen über eine verlorene Kreditkarte. Für die richtige Gesprächsführung testen viele der befragten Unternehmen ihre digitalen Assistenten erst intern im Unternehmen, bevor sie sie bei Kunden einführen. Funktionieren die ersten Sprachdienste reibungslos, können Sie schrittweise komplexere Dienste einführen. Das könnte etwa die Analyse der Kundendaten und des jeweiligen Gesprächskontextes sein, auf deren Basis der digitale Assistent den Kunden direkt anspricht und ihn informiert, sollten weitere Maßnahmen erforderlich sein. So kann der Sprachassistent mit dem Kunden ein erstes freies, intelligentes Gespräch über dessen Optionen führen.

2. Entwickeln Sie eine unverwechselbare Persönlichkeit

Wie ein Mensch benötigt auch ein digitaler Sprachassistent eine ausgeprägte Persönlichkeit sowie die Fähigkeit, sich an unterschiedliche Situationen anzupassen. So sollte sich etwa der Ton beim Abschluss eines neuen Produktes von dem bei der Meldung eines eingetretenen Schadens unterscheiden.

Die neuesten technischen Fortschritte ermöglichen es, die Persönlichkeit und Stimmung des Benutzers auf Basis des Gesprächs in Echtzeit zu analysieren. Einige der befragten Unternehmen haben Neurowissenschaftler und Konversationslinguisten hinzugezogen, um die Interaktion mit den Sprachassistenten zu vermenschlichen und anpassungsfähiger zu machen.

Unsere Studie zeigt, wie wichtig eine Persönlichkeit für die Vertrauensbildung beim Kunden ist. Die Fähigkeit, sich auf natürliche Weise zu unterhalten hilft dabei, Barrieren abzubauen und das Gespräch bei Bedarf nahtlos an eine reale Person weiterzuleiten.

Bei der Entwicklung einer natürlichen Stimme ist es wichtig, akustische Besonderheiten wie Tonhöhe, Geschwindigkeit und Sprachtempo zu berücksichtigen. Menschliche Komponenten wie Akzent und Geschlecht können ebenfalls dazu beitragen, eine Verbindung zum Nutzer herzustellen und die Art und Weise zu verbessern, wie Dienste bereitgestellt werden.

„2019 werden wir mehr sprachbasierte Transaktionsfähigkeiten sehen und 2020 die ersten Unternehmen, die eine Finanzberatung auf diese Weise anbieten.“

Head of Customer Experience bei einer führenden Bank

Finden Sie Ihre Stimme

Erfolgreiche digitale Sprachassistenten zeichnen sich nicht nur dadurch aus, was sie sagen, sondern insbesondere auch, wie sie es sagen und wie gut sie zuhören können. Wie die Stimme auf das Markenerlebnis und den Benutzerkontext abgestimmt werden kann, gehört daher zu den wichtigsten Design-Herausforderungen der kommenden Jahre.

Im nächsten Artikel dieser Serie untersuchen wir, wie Unternehmen eine überzeugende Interaktion mit Sprachassistenten gestalten. Dafür werden wir uns genauer mit den Entwicklungen der Ökosysteme und mit den Fähigkeiten von Sprachassistenten befassen.

Kontakt

Georg Ogrinz

Georg Ogrinz

Partner, PwC Austria

Tel: +43 676 833 776 73

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