November 2022
Finanzinstitute haben in den letzten Jahren aufgrund von bspw. zahlreichen regulatorischen Änderungen und neuen Betrugsmustern viel Zeit und Geld in die Entwicklung und Aktualisierung ihres Anti Financial Crime-Compliance Rahmenwerks investiert. Da das regulatorische Umfeld allerdings einem ständigen Wandel unterliegt, haben Fragen im Zusammenhang mit Klimawandel, Menschenrechte und soziale Verantwortung hinsichtlich der Bekämpfung von Finanzkriminalität/Geldwäsche enorm an Bedeutung gewonnen. So stehen Finanzinstitute immer stärker unter Druck, ESG-Faktoren (Umwelt, Soziales und verantwortungsvolle Unternehmensführung/Governance) in ihrem Alltag zu berücksichtigen.
Die Veröffentlichung der EU-Taxonomie-Verordnung im Jahr 2020 hat den Fokus von Unternehmen und Investoren auf die sogenannten ESG-Kriterien (Environmental, Social and Governance) gelenkt. Ziel ist es, mit Hilfe dieser Kriterien einen standardisierten rechtlichen Rahmen für nachhaltiges unternehmerisches Handeln zu definieren. Hierbei werden neben Umwelt- und Klimaschutz auch soziale Aspekte und eine gute Unternehmensführung berücksichtigt. Damit legt der Gesetzgeber fest, dass Nachhaltigkeit eine wichtige Grundlage für den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg ist.
Im Sommer 2020/2021 veröffentlichte die Financial Action Task Force (FATF) Leitlinien hinsichtlich der Themen illegaler Handel mit Wildtieren und Umweltkriminalität. Danach folgten weitere Veröffentlichungen zu Themenbereichen wie bspw. Menschenhandel, Ausbeutung von Arbeitskräften und illegaler Goldabbau. Diese Publikationsreihe der FATF zeigt die Wichtigkeit der Bekämpfung von Finanzkriminalität sowie ihre Verbindung mit ESG. Beide streben eine Verbesserung der Qualität von Finanzströmen an.
Implementierte ESG- sowie Anti Financial Crime (AFC)-Programme der Finanzinstitute verfolgen das gemeinsame Ziel einer sozialen Verantwortung in bspw. der Geschäftsstrategie, im Kundenstamm, in der Lieferkette oder in den Produkten. Verstöße mit Bezug zur Nichteinhaltung der Gesetze im Zusammenhang mit ESG (ESG fraud) können daher für die Finanzinstitute schwerwiegende Folgen haben. Hierzu zählen Reputationsschäden und Haftungsrisiken sowie Geld- und Haftstrafen.
Ein weiterer nicht vernachlässigbarer Aspekt ist der steigende regulatorische Druck bzw. der zunehmende Fokus der Behörden und Aufsichtsorgane auf die ESG-Thematik. Folglich ist es unabdingbar dem Thema zum einen präventiv zu begegnen, es als Teil der AFC-Compliance zu betrachten, und dieses zum anderen auch investigativ bei bspw. Transaktionen/ Kundenprofile zu berücksichtigen.
Das Beachten von ESG-Aspekte in AFC-Programme der Finanzinstitute ist zukünftig unumgänglich. Daher empfehlen wir Folgendes:
Aneignung von juristischem ESG-Know-how
Durch die regulatorischen Entwicklungen im Zusammenhang mit ESG ist es von Vorteil, wenn die relevanten juristischen Rahmenbedingungen und Vorgaben in einem ersten Schritt identifiziert und verstanden werden. Somit können die AFC-Compliance Programme an ESG-Vorschriften angepasst und die internen Maßnahmen korrekt definiert werden. Vor diesem Hintergrund wäre es vorteilhaft, entsprechende Expert:innen mit der Analyse der Rechtsvorschriften zu beauftragen.
Integration von ESG-Kriterien in AFC-Compliance Programme
Viele wirtschaftliche Aktivitäten sind einem Risiko ausgesetzt, gegen den Umweltschutz oder Menschenrechte zu verstoßen. Resultierend daraus werden sich Finanzinstitute und Aufsichtsbehörden zunehmend der Notwendigkeit bewusst, ESG-Kriterien in ihre Geschäftsstrategien und Aufsichtsansätze zu integrieren.
Durch die Zusammenführung von ESG und AFC in einen zentralen Rahmen, werden Überschneidungen bei der Überwachung und Berichterstattung von Aktivitäten reduziert. Ein einheitlicher Rahmen erleichtert die Erkennung von Risiken im Bereich Finanzkriminalität und ermöglicht das Setzen von Maßnahmen zur Risikominderung.
Anpassung von Customer Due Diligence-Prüfungen und KYC-Prozessen an ESG-Kriterien
Als Teil des KYC-Prozesses ist es ratsam, dass Finanzinstitute die ESG-Praktiken ihrer Kund:innen analysieren, um zu verstehen, wie diese mit sozialen und ökologischen Risiken umgehen. In diesem Zusammenhang ist es von Vorteil, einen standardisierten ESG-Fragebogen zu entwickeln. Somit können Kund:innen anhand des Fragebogens bewertet und innerhalb eines ESG-Rankings platziert werden.
Ein weiteres Beispiel für den CDD/ KYC-Prozess ist die Berücksichtigung von bestimmten Siegeln/ Zertifikaten. So wäre es denkbar, dass Finanzinstitute eine Kooperation nur mit jenen Geschäftspartner:innen/Kund:innen eingehen, die auch entsprechende Zertifikate als Nachweis für die Einhaltung ihrer Nachhaltigkeitspflichten oder sozialen Verantwortung besitzen.
Ein dritter Tipp im Zusammenhang mit dem Thema „Adverse media“ ist die Beachtung von ESG-Schlagwörtern im Rahmen des „Negative news“ Screening Prozesses.
Einführung von ESG-Schulungen und Trainings für Anti Financial Crime-Mitarbeiter:innen
Eine Sensibilisierung für ESG-Themen und der Austausch von Fallstudien als Teil der regelmäßigen Compliance-Schulungen hilft Mitarbeiter:innen, sensible Branchen und Länder sowie ESG-spezifische Warnsignale bei der Analyse von Profilen und Unterlagen von bspw. (potenziellen) Kund:innen zu erkennen.
Sie sind an unseren Anti Financial Crime oder ESG Services interessiert oder haben Fragen? Ihre Ansprechpartner:innen von PwC sind gerne für Sie da.
Am 7. November 2022 findet unser Webinar „Wie schützen sich Unternehmen am besten vor Wirtschaftskriminalität?“ statt.
Anmeldelink: https://aktuell.pwc.at/gecs-2022
Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme.
Christina-Maria Pichler
Senior Manager, Forensic Services | Anti Financial Crime, PwC Austria
Tel: +43 699 163 053 21