Die Ungleichbehandlung bei der Rückerstattung spanischer Quellensteuer verstößt gegen die Kapitalverkehrsfreiheit

Der Europäische Gerichtshof (19.12.2024 C-601/23) befasste sich kürzlich mit der EU-Konformität der Einschränkung einer Quellensteuerrückerstattung auf gebietsansässige Steuerpflichtige.

Ausschüttungen von Gesellschaften aus der spanischen Provinz Bizkaia unterliegen einer Quellensteuer von 24%, respektive 19%, wenn der Empfänger der Ausschüttung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums ansässig ist, mit dem ein wirksamer Austausch von Steuerinformationen besteht.

Gebietsansässigen Steuerpflichtigen wird die einbehaltene Quellensteuer nach dem Regionalgesetz 11/2013 auf ihre Steuerschuld angerechnet. Übersteigt die Quellensteuer die tatsächliche Steuerschuld, erstattet die Steuerverwaltung der Provinz Bizkaia den Überschuss von Amts wegen.

Spanische Quellensteuer

Im streitgegenständlichen Fall bezog eine Gesellschaft mit Sitz im Vereinigten Königreich Dividenden von einer Gesellschaft mit Sitz in Bizkaia. Die Dividendenausschüttung wurde zunächst mit einer Quellensteuer von 19% belastet, die folglich auf der Grundlage des Doppelbesteuerungsabkommens Spanien-Vereinigtes Königreich (DBA ES-UK) auf 10% gesenkt wurde.

Nach Art 22 Abs 2 DBA ES-UK ist die in Spanien einbehaltene Steuer zwecks Vermeidung einer Doppelbesteuerung auf die britische Steuer anzurechnen. Dies ist jedoch nur insofern möglich, als der Steuerpflichtige im Vereinigten Königreich über Anrechnungssubstanz verfügt. Da die Beschwerdeführerin im streitgegenständlichen Steuerjahr Verluste erlitten hat, war eine Anrechnung nicht möglich.

Eine Verpflichtung für das Vereinigte Königreich zur Rückerstattung der in Spanien einbehaltenen Quellen sieht das DBA ES-UK nicht vor. Die Beschwerdeführerin stellte daher den Antrag auf Rückerstattung der einbehaltenen Quellensteuer bei der Finanzbehörde von Bizkaia. Dieser wurde abgewiesen mit der Begründung, dass die vollständige Erstattung der Quellensteuer nur gebietsansässigen Gesellschaften zustehe, während die Quellensteuer bei gebietsfremden Gesellschaft nur hypothetisch durch etwaige DBA ausgeglichen werde.

Die Beschwerdeführerin legte dagegen Einspruch unter Berufung auf die Kapitalverkehrsfreiheit und einschlägige Urteile des EuGH (C-575/17 sowie C-572/20). Das Tribunal Económico-Administrativo Foral de Bizkaia legte die Streitfrage dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.

Der EuGH entschied, dass Art 66 AEUV einer in einem Mitgliedstaat geltenden Regelung entgegen steht, nach der auf Dividenden, die von einer in einem steuerliche autonomen Gebiet dieses Mitgliedstaates ansässigen Gesellschaft ausgeschüttet werden, eine Quellensteuer erhoben wird, die als Vorauszahlung auf die Körperschaftsteuer gilt und vollständig erstattet wird, wenn diese Gesellschaft das betreffende Steuerjahr mit einem Verlust abschließt, während keine Erstattung vorgesehen ist, wenn die Dividenden von einer gebietsfremden Gesellschaft in gleicher Situation bezogen werden.

Da der EuGH keinen Rechtfertigungsgrund für die Ungleichbehandlung von gebietsansässigen und gebietsfremden Steuerpflichtigen feststellen konnte, hielt er fest, dass die streitgegenständliche Regelung eine verbotene Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellt.

Relevanz für österreichische Investoren

Nach Art 10 des zwischen Österreich und Spanien abgeschlossenen DBA darf auf Dividenden aus spanischen Gesellschaften eine Quellensteuer in Spanien einbehalten werden. Diese darf aber nicht übersteigen:

  • 10%, wenn der Empfänger eine Kapitalgesellschaft ist, die unmittelbar über mindestens 50% des Kapitals der die Dividenden zahlenden Gesellschaft verfügt und diese Beteiligung seit mindestens einem Jahr vor dem Auszahlungszeitpunkt besitzt;
  • 15% in allen anderen Fällen.

Die in Spanien einbehaltene Steuer ist folglich gem Art 24 Abs 1 DBA ES-AT auf die in Österreich zu erhebende Steuer anzurechnen. So wie im streitgegenständlichen Fall ist eine Anrechnung jedoch nur insofern möglich, als die bezogenen Dividenden in Österreich der Steuerpflicht unterliegen und der Steuerpflichtige über ausreichend Anrechnungssubstanz verfügt.

Eine Verpflichtung für Österreich zur Rückerstattung der in Spanien einbehaltenen Quellensteuer besteht nicht. Vor diesem Hintergrund können daher auch österreichische Investoren mit Verlusten unter Berufung auf die Kapitalverkehrsfreiheit eine Rückerstattung der einbehaltenen Quellensteuer in Bizkaia beantragen.

Bevor ein Rückerstattungsantrag gestellt wird, empfehlen wir, die aktuelle Rechtslage entsprechend zu analysieren. Gerne unterstützen wir Sie bei der Rückerstattung von ausländischen Quellensteuern und stehen Ihnen für Fragen zur Verfügung.

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