Am 21. April 2021 hat die Europäische Kommission mit dem Entwurf der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) einen Vorschlag zur Anpassung der Non Financial Reporting Directive (NFRD) vorgelegt. Die geplanten Änderungen sollen für mehr Transparenz über nachhaltige Aspekte sorgen und im Ergebnis die Zweiklassengesellschaft zwischen finanzieller und nichtfinanzieller Berichterstattung beenden. Die geplanten Änderungen betreffen bereits die Berichtsperiode 2023.
Schon seit 2017 sind große kapitalmarktorientierte Unternehmen, Kreditinstitute und Versicherungen in der EU dazu verpflichtet, über nichtfinanzielle Aspekte zu berichten. Bislang wies diese Berichterstattung jedoch Mängel auf: Die Informationen seien wenig relevant, häufig nicht verlässlich und in den seltensten Fällen vergleichbar – so die Kritik von Investoren und anderen Stakeholdern – und damit nicht geeignet, nachhaltigkeitsbezogene Risiken zu berücksichtigen. Dies könnte die Stabilität des Finanzsystems gefährden. Nicht zuletzt seien zu wenige Unternehmen von der Berichtspflicht betroffen.
Mit den Änderungen adressiert die EU nun diese Kritik und schlägt gleichzeitig ein neues Kapitel in der Nachhaltigkeitsberichterstattung auf: Sie hat einen klaren Fahrplan zur Integration von nichtfinanziellen Informationen in die Finanzberichterstattung vorgelegt. Dieser Plan sieht eindeutige Verantwortlichkeiten für die Erstellung, Überwachung und Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung vor. Zusätzlich soll eine Angleichung mit den aktuell parallel laufenden Regulierungen bezüglich EU Action Plan on Sustainable Finance/EU Green Deal erfolgen, um beispielsweise die Anforderungen an Taxonomie-Angaben zu harmonisieren.
Das sind die fünf wichtigsten Änderungen:
- Der Kreis der Berichtspflichtigen wächst
Künftig sind alle an einem regulierten Markt in der EU gelisteten Unternehmen (mit Ausnahme von Kleinstunternehmen) sowie große nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen verpflichtet, einen Nachhaltigkeitsbericht zu veröffentlichen. Auch fallen weiterhin große Banken und Versicherungen ungeachtet einer Kapitalmarktorientierung unter die Berichtspflicht. Dabei ist zu beachten, dass das Größenkriterium der Arbeitnehmerzahl von 500 auf 250 gesenkt werden soll. Die Berichtspflicht ist folglich nun auch bei familiengeführten und mittelständischen Unternehmen angekommen.
- Die Berichtsinhalte werden ausgeweitet
Aber auch die Berichtsinhalte werden umfassend ausgeweitet und präzisiert: Dafür sollen neue, verbindliche Standards für das Sustainability-Reporting veröffentlicht werden, die den bislang geltenden Flickenteppich ablösen und eine Einheitlichkeit in der Anwendung schaffen. Zudem sind von den berichtspflichtigen Unternehmen auch die Angaben zu den grünen Finanzkennzahlen nach der Taxonomie-Verordnung zu beachten, die durch den ebenfalls heute veröffentlichten delegierten Rechtsakt konkretisiert wurden.
Ein rein qualitativer Nachhaltigkeitsbericht, der nur wenige Seiten umfasst, wird dann nicht mehr regelkonform sein.
- Nachhaltigkeit muss in den Lagebericht und unterliegt dem digitalen Tagging
Neu ist, dass die Nachhaltigkeitsberichterstattung zwingend im Lagebericht erfolgen muss. Das birgt in der Regel folgende Herausforderungen: Zum einen müssen Unternehmen die Nachhaltigkeitsberichterstattung auf den Zeitpunkt der Lageberichterstattung vorziehen – und das bei ausgeweiteten Inhalten. Zudem müssen die Informationen auch noch zeitgleich für das digitale Tagging vorbereitet werden.
- Es besteht externe Prüfungspflicht
Darüber hinaus sieht der Vorschlag der EU-Kommission eine Prüfungspflicht für Nachhaltigkeitsberichte vor: Um die Verlässlichkeit der Sustainability-Berichterstattung zu erhöhen, soll der Abschlussprüfer – zunächst mit begrenzter Prüfungssicherheit – eine externe Prüfung vornehmen. Für die berichtenden Unternehmen ist die Bereitstellung prüfungsfähiger Informationen bereits im ersten Jahr ihrer Berichtspflicht eine Herausforderung – insbesondere mit Blick auf den ambitionierten Zeitplan.
- Das Management und Aufsichtsrat tragen explizit die Verantwortung
In Zukunft soll das Management aktiv und nachweislich die Verantwortung für die Sustainability-Berichterstattung tragen. Der Bilanzeid, der sich bislang nur auf die Finanzberichterstattung bezieht, soll auch auf den Nachhaltigkeitsreport ausgeweitet werden. Damit soll das Management erstmals explizit und schriftlich nach außen zeigen, dass es diese Verantwortung trägt. Zudem ist der Aufsichtsrat verantwortlich für die Überwachung des Nachhaltigkeitsberichts. Diese Aufgabe ist nicht neu, erstreckt sich nun aber auf deutlich mehr Überwachungsorgane als bislang.
Wie geht es nun weiter?
Der Zeitplan für die Umsetzung der Änderungen ist ehrgeizig: Der Vorschlag soll voraussichtlich noch im Kalenderjahr 2021 verabschiedet werden. Bis Ende 2022 müssen die Mitgliedsstaaten die Vorgaben in nationales Recht umsetzen. Die Berichtspflicht soll für Nachhaltigkeitsberichte gelten, die ab dem 1. Januar 2024 veröffentlicht werden. Die Änderungen betreffen also bereits die Berichtsperiode 2023.
Fazit: Die größte Transformation in der Unternehmensberichterstattung seit Einführung der IFRS
Mit dem aktuell vorliegenden Vorschlag wird all das, was für die klassische Finanzberichterstattung gilt, in wenigen Jahren auch für das Sustainability-Reporting verbindlich sein. Die Umsetzung der neuen Anforderungen ist zwar mit Aufwand verbunden, die Harmonisierung der Berichtspflichten birgt aber auch eine Chance für die betroffenen Unternehmen: Denn es lohnt sich, die für den Geschäftserfolg nicht mehr wegzudenkenden nichtfinanziellen Aspekte nun gleichwertig in die unternehmerischen Berichtsprozesse einzubetten. Das erleichtert es in Zukunft, gegenüber Kapitalgebern, Investoren und auch Kunden auskunftsfähig zu sein und einen Beitrag für mehr Vertrauen und Transparenz zu leisten.