Family Business Survey 2023

PwC-Studie: Familienunternehmen in der DACH-Region sorgen sich um das Vertrauen ihrer Kund:innen und Mitarbeitenden

Unternehmen fürchten Vertrauensverlust

Es zählt zu den größten Stärken von Familienunternehmen: das Vertrauen, das ihnen Mitarbeitende, Konsumenten und die Öffentlichkeit entgegenbringen. Ausgerechnet dieser Wettbewerbsvorteil erweist sich aber als brüchig – etwa die Hälfte der Familienunternehmen im deutschsprachigen Raum fürchtet eine Vertrauenskrise.

Entsprechend sehen die Unternehmen Handlungsbedarf und haben die Kundenzufriedenheit und die Bindung von Fachkräften zu ihren Top-Zielen erklärt. Bei ihren Anstrengungen vernachlässigen sie aber wichtige Zukunftsthemen wie ESG (Environmental Social Governance), Chancengleichheit und eine transparente Kommunikation, auf die Konsumenten wie Mitarbeitende und weitere Interessengruppen heute größten Wert legen.

Das sind wichtige Ergebnisse des 11. Global Family Business Survey „Transform to build trust“, für den PwC rund 2.000 Familienunternehmen aus 82 Ländern befragt hat. 172 von ihnen stammen aus der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz).

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Family Business Survey 2023

Die "Vertrauenslücke" liegt bei knapp 50%

Ausgerechnet bei den beiden Interessengruppen, von denen sie am stärksten abhängig sind, sehen Familienunternehmen aus der DACH-Region die größte Vertrauenslücke.

Eine davon ist die Mitarbeiterschaft: 95 % der Studienteilnehmer:innen bestätigen, dass sie auf deren Vertrauen in besonderer Weise angewiesen sind, doch nur 49 % sind sich dessen sicher. Ähnlich hoch ist die „Vertrauenslücke“ unter den Kund:innen: 96 % der Befragten wissen, wie wichtig das Vertrauen dieser Zielgruppe ist, aber nur 54 % sind überzeugt, es zu besitzen.

Die Ergebnisse sind umso überraschender, als Familienunternehmen im Vergleich zur börsennotierten Konkurrenz für besonders vertrauenswürdig gehalten werden, wie der alljährliche Edelman Trust Barometer belegt.

Vertrauenslücke bei Mitarbeiter:innen und Kund:innen

Unternehmen messen ESG zu wenig Bedeutung bei

Familienunternehmen im deutschsprachigen Raum haben verstanden, dass sie dringend handeln müssen, wenn sie sich das Vertrauen ihrer Stakeholder weiterhin sichern möchten. Doch auf diesem Weg setzen sie nicht die richtigen Akzente. Zu ihren wichtigsten Zielen haben sie die Steigerung der Kundenzufriedenheit (41 % bezeichnen dies als Top-Ziel) und die Gewinnung sowie Bindung von Talenten (23 %) erklärt.

Wichtige Zukunftsthemen wie Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung vernachlässigen die Unternehmen hingegen, obwohl diese vor allem bei jungen Konsument:innen und Mitarbeitenden enorm an Bedeutung gewinnen.

So haben nur 6 % der Befragten das Thema ESG (Environmental Social Governance) zur Top-Priorität erhoben. Lediglich 14 % verfolgen eine klare ESG-Strategie. Nur 27 % haben DE&I (Diversity, Equity and Inclusion) aktiv in ihr Unternehmensleitbild integriert – und handeln entsprechend. Ebenso sind die Unternehmen zurückhaltend, wenn es darum geht, zu gesellschaftlichen Themen Stellung zu beziehen: Nur 15 % vertreten ihre Position öffentlich.

ESG und DE&I in Familienunternehmen in DACH

Zu wenig Aufmerksamkeit für ESG und DE&I

Die Bilanz für das vergangene Geschäftsjahr fällt positiv aus

Die Ergebnisse der Family Business Survey decken Schwächen auf – trotzdem können die Familienunternehmen auf ein gutes Geschäftsjahr 2022 zurückblicken.

77 % der Familienunternehmen im deutschsprachigen Raum konnten ein Wachstum verzeichnen, davon 39 % sogar im zweistelligen Bereich. Im globalen Durchschnitt liegt dieser Wert mit 71 % spürbar niedriger. Für die zwei kommenden Jahre fallen die Prognosen allerdings deutlich konservativer aus. So rechnen nur noch 66 % der Vertreter:innen aus der DACH-Region mit einem Wachstum; 33 % gehen hingegen von einer Konsolidierung aus. Bei diesen Prognosen macht sich die Gefahr einer globalen Rezession bemerkbar.

Prioritäten der Familienunternehmen in den nächsten zwei Jahren

In puncto Digitalisierung weiterhin Nachholbedarf

Bei der Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Perspektiven und ihrer Wettbewerbsfähigkeit setzen die Unternehmen in den kommenden zwei Jahren vor allem auf den Ausbau ihrer digitalen Fähigkeiten. Das bezeichnen 62 % als Top-Priorität – weit vor der Expansion in neue Märkte oder Kundensegmente (42 %) und der Anpassung des Geschäftsmodells (33 %). Zum Vergleich: Weltweit liegt dieser Wert bei lediglich 44 %.

Diese Zahlen offenbaren, wie hoch der Nachholbedarf von Familienunternehmen im deutschsprachigen Raum immer noch ist. Nur 43 % bescheinigen sich selbst starke digitale Fähigkeiten. Daher ist es dringend notwendig, dass Unternehmen die anstehende Transformation angehen und sich zugleich digital und nachhaltig neu ausrichten.

Die wichtigsten Prioritäten von Familienunternehmen in den nächsten zwei Jahren in DACH

Familienunternehmen: Prioritäten in den nächsten zwei Jahren

Drei Erfolgsfaktoren für mehr Vertrauen unter Stakeholdern

Offensiv Position beziehen. Um Vertrauen aufzubauen oder wiederzugewinnen, sollten Familienunternehmen zu gesellschaftlich wichtigen Themen Stellung beziehen, vor allem zu Nachhaltigkeit, sozialer Verantwortung, Diversität und Gleichberechtigung. Konzerne haben dies in den letzten Jahren verstärkt getan und signifikant an Vertrauen gewonnen.

Gute Kommunikation geht in zwei Richtungen. Es reicht allerdings nicht, starke Werte nur zu postulieren. Familienunternehmen sollten auch einen intensiven Austausch mit ihren wichtigsten Stakeholdern – Mitarbeitenden, Kund:innen und Gesellschafter:innen –pflegen. Vertrauensbildende Maßnahmen, so wie Feedbackmechanismen für Konsument:innen oder interne Meldesysteme können hier eine positive Wirkung entfalten.

„Tue Gutes und rede darüber“. Familienunternehmen sind noch immer zu verschwiegen. Doch: Hidden war gestern. Unternehmen sollten ihre Ziele offensiv und transparent nach außen kommunizieren, insbesondere im Hinblick auf Nachhaltigkeit, Werte und Purpose. Transparenz ist eine wesentliche Voraussetzung für Vertrauen.

Vielfalt im Familienbetrieb stellt einen weiteren Weg dar, Vertrauen zu fördern und nachhaltige Praktiken zu etablieren. Denn: Sie eröffnet neue Perspektiven und hilft, Talente für das Unternehmen zu gewinnen und diese langfristig an den Betrieb zu binden.

Rudolf KricklSenior Partner, PwC Österreich

Die Methodik

Für den 11. Global Family Business Survey unter dem Titel „Transform to build trust“ hat PwC 2.043 Familienunternehmen in 82 Ländern von Oktober 2022 bis Januar 2023 befragt. 172 Teilnehmende stammen aus der DACH-Region. Die meistvertretenen Branchen sind: Industrielle Produktion (40 %), Handel und Konsumgüter (24 %), Finanzdienstleistungen (10 %).

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Kontakt

Rudolf Krickl

Rudolf Krickl

Senior Partner, Steuerberater, Experte für Familienunternehmen, Standort Wien, PwC Austria

Georg Erdélyi

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Partner, Steuerberater, Experte für Familienunternehmen, Standort Wien, PwC Austria

Tel: +43 699 163 059 74

Jürgen Kreindl

Jürgen Kreindl

Director, Entrepreneurship & Corporate Venture Capital (CVC), PwC Austria

Tel: +43 699 163 056 04

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