Neue Tarifmodelle, Digitalisierung, neuartige Kooperationsformen und Blockchains sind nur einige der Herausforderungen mit denen sich die österreichische Energiewirtschaft beschäftigt. Durch die anstehenden Veränderungen ergeben sich nicht nur Risiken, sondern auch große Chancen.
Die folgenden Handlungsempfehlungen sollen als Orientierung für die Energieversorger und die energieintensive Industrie dienen, um auf Basis der Studienergebnisse Entscheidungen treffen zu können.
Eine Energiestrategie gibt energieintensiven Unternehmen den Rahmen für eine nachhaltige Entwicklung und Energiebeschaffung vor. Eine Energiestrategie soll dem Unternehmen im Wesentlichen die nachstehenden Fragen beantworten: Von welchen Lieferanten wird in welchen Intervallen Energie bezogen? Wieviel Strom soll selbst produziert werden? Welche Energieeffizienzziele werden gesetzt? Gibt es lokale Kooperationsmöglichkeiten im Bereich der Energienutzung?
Mit Hilfe einer intelligenten Steuerung des Strombezugs können Kosten gespart und darüber hinaus Geld aus der Vermarktung von Flexibilität am Regelenergiemarkt verdient werden. Mittels der Teilnahme an virtuellen Kraftwerken können sogar kleine Flexibilitäten zusammengefasst und gemeinsam am Regelenergiemarkt angeboten werden.
Mittels der Teilnahme an einem branchenübergreifenden Energieeffizienz-Netzwerk sind die Voraussetzungen für einen systematischen, zielgerichteten und vor allem unbürokratischen Erfahrungsaustausch zur Steigerung der Energieeffizienz gegeben. Durch den regelmäßigen Austausch mit den beteiligten Unternehmen und Experten können aktuelle Entwicklungen diskutiert und Grundlagen für Investitionsentscheidungen erarbeitet werden.
Um das Unternehmen nachhaltig aufzustellen und Kosten zu sparen, sind Energiemanagementsysteme eine wirkungsvolle Methode. Industrieunternehmen können damit Verbrauchsdaten erheben und detaillierte Statistiken über ihren Energieverbrauch ausarbeiten. Zusätzlich können Datenanalysen dazu verwendet werden, um Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen zu erwirken.
Versorgungssicherheit ist für Industrieunternehmen von besonderer Bedeutung, da Produktionsanlagen bereits bei kürzesten Stromunterbrechungen ausfallen können. Um die Versorgungssicherheit sicherzustellen, investieren Industrieunternehmen in Notstromaggregate oder Batteriespeicher. Eine enge Zusammenarbeit mit den Netzbetreibern ermöglicht die Effizienz der Maßnahmen zu erhöhen und die ideale Umsetzungsvariante zu wählen.
Im Rahmen der Studie wurden 150 Unternehmen aus der Energiewirtschaft und der energieintensiven Industrie zu aktuellen Rahmenbedingungen und zukünftigen Entwicklungen der Branche befragt. Darüber hinaus wurden Tiefeninterviews mit ausgewählten Führungskräften von Großunternehmen durchgeführt. Wir haben die zehn Hauptaussagen aus der Studie übersichtlich zusammengefasst.
Eine Digitalisierungsstrategie identifiziert geeignete Digitalisierungsansätze entlang der kompletten Wertschöpfungskette. Ein dazu passendes Leitbild gibt dem Energieversorger eine Zielvorstellung für das digitalisierte EVU für die kommenden fünf bis zehn Jahre. Die Digitalisierungsstrategie soll im Wesentlichen die folgenden Fragen beantworten: Welche Wertschöpfungsstufen und Prozesse bieten sich für die Digitalisierung an? Auf welche Art und Weise und über welche Kanäle wird in Zukunft mit den Kunden interagiert? Welche Daten werden in welcher Form zur Verfügung gestellt?
Durch die Smart-Meter Einführung vergrößert sich die verfügbare und zu speichernde Datenmenge rapide. Auch Endkunden erheben immer größere Mengen an Daten und haben Zugang zu detaillierten Auswertungen über ihren Energieverbrauch. Entscheidungen können durch moderne Datenanalyse-Methoden besser getroffen werden, indem vorhandene Daten für Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen ausgewertet werden. Datenerhebung und –nutzung wird in Zukunft von großer Bedeutung sein und sollte integrativer Bestandteil des Geschäftsmodells sowie der Ausarbeitung neuer Produktideen sein.
In der vernetzten Welt ändern sich die Geschäftsmodelle permanent. Neue Denkansätze von Start-ups können bisherige Produkte ablösen und weiterentwickelte Produkte den Kunden in einer neuen Art und Weise anbieten. Energieversorger müssen sich fortlaufend weiterentwickeln und eine offene Unternehmenskultur etablieren. Einzelne „freidenkende“ Einheiten, wie zum Beispiel Inhouse-Inkubatoren, können im Unternehmen dazu führen, dass über Abteilungs- und Konzerngrenzen hinausgedacht und neuen Ideen der notwenige Entwicklungsraum gegeben wird.
Im Sinne eines modernen Dienstleistungsunternehmens muss der Energieversorger die Transformation hin zum Energiedienstleister schaffen. Diese Transformation endet nicht bei den Produkten, sondern muss auch in den Köpfen der Mitarbeiter verankert sein. Immer mehr Kunden wünschen sich neben der Stromlieferung eine zunehmend individualisierte Betreuung. Neben Informationen über deren Verbrauchsverhalten und Maßnahmen zur Effizienzsteigerung, möchten Kunden vermehrt auch an aktuellen technologischen Entwicklungen partizipieren.
Energieversorger können in Kooperationen deren direkten Kundenkontakt sowie das vorhandene Energie- Know-how einbringen. Bisherige Kernkompetenzen werden somit einer neuen Umgebung ausgesetzt, damit sich diese mit den neuen Ideen vom Kooperationspartner weiterentwickeln können. Gemeinsam können so neues Wissen aufgebaut sowie neue Services entwickelt und am Markt angeboten werden.