Stärkere Regulierung für sichere Märkte - MiFID II im Endspurt

Die finale Version der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente („Markets in Financial Instruments Directive“ – MiFID) wurde am 12. Juni 2014 im Official Journal der Europäischen Union veröffentlicht. Somit ist das in Kraft treten mit 2. Juli 2014 und die erstmalige Anwendung der MiFID II mit 3. Jänner 2018 festgelegt. In weiterer Folge hat nun ESMA (European Securities and Markets Authority) Zeit, das Regelwerk durch eine Vielzahl an Standards (RTS, ITS und technical advices) zu präzisieren. Parallel dazu wird an der nationalen Umsetzung der Richtlinie gearbeitet.

Das als „MiFID II“ bekannte Regelwerk ist in eine Richtlinie (MiFID) und eine Verordnung (MiFIR) unterteilt. Die MiFID-Novellierung versucht unter anderem, Marktstrukturen widerstandsfähiger und effizienter zu gestalten, die Transparenz zu erhöhen, Befugnisse der Aufsichtsbehörden auszuweiten, Warenderivatemärkte stärker zu regulieren sowie den Anlegerschutz weiter zu verbessern.

Marktstrukturen

Die Finanzmärkte haben sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert. Die Entstehung neuer Handelsplätze und Produkte, technologischer Fortschritt sowie die erhöhte Bedeutung des Hochfrequenzhandels haben die Funktionsweise der Wertpapiermärkte wesentlich beeinflusst. Um den nicht-regulierten Handel mit Finanzinstrumenten zu erfassen, sieht MiFID II eine neue Form von Handelsplätzen, sogenannte „organisierte Handelssysteme“ (OTFs, Organised Trading Facilities) vor.

Handelstransparenz und Datenkonsolidierung

Die Finanzkrise hat deutliche Schwächen der Finanzmärkte aufgezeigt, was ihre Transparenz angeht. MiFIR beinhaltet einen Großteil der Transparenzregeln, die einheitlich in der gesamten EU anwendbar sein werden. MiFID II verschärft die Transparenzvorschriften für Aktien und erfasst gleichzeitig erheblich mehr Finanzinstrumente als bisher. Zum Beispiel wurden Warentermingeschäfte in das Regelwerk integriert. Grundlegende Änderungen sind für jene Märkte vorgesehen, an denen aktienähnliche Instrumente, Anleihen, strukturierte Finanzprodukte, sowie OTC-Derivate gehandelt werden.

Ein integriertes Berichtssystem (nachbörslicher Datenticker – „Consolidated Tape“) sorgt für Qualitätsverbesserung und europaweite Datenkonsolidierung. Geregelt wird auch die Meldung von Geschäftsdaten an die zuständigen Behörden. Kostenintensive IT-Maßnahmen sind aufgrund notwendiger Anpassungen der zu Grunde liegenden Datenmodelle, Front-Office Systeme und der IT-Infrastruktur zu erwarten.

Anlegerschutz und Wohlverhaltensregeln

Zur Verfolgung des ständigen Ziels, den Anlegerschutz zu stärken, legt die Richtlinie besonderes Augenmerk auf Anlageberatung, Dokumentation der an Kunden erbrachten Dienstleistungen und Qualität der Auftragsausführung („Best Execution“). Es gilt der Grundsatz des ehrlichen, redlichen und professionellen Handelns und die Verpflichtung, fair und klar gegenüber Kunden zu agieren. Um potentielle Interessenskonflikte zu vermeiden, untersagt MiFID II unabhängigen Beratern und Portfoliomanagern, monetäre Vorteile anzunehmen.

Erhöhung der Schlagkraft der Aufsichtsbehörden

Den zuständigen Behörden werden mehr Befugnisse eingeräumt. Sie können künftig eine Reihe von verwaltungsrechtlichen Maßnahmen, Sanktionen und Geldbußen verhängen. Aufsichtsbehördensollen beispielsweise den Vertrieb bestimmter Produkte oder Dienstleistungen verbieten können. Für die Koordination der einzelnen nationalen Maßnahmen ist die ESMA zuständig, welche die Kommission bei der Erarbeitung der Durchführungsstandards zu MiFID II unterstützt.

Abb.: Übersicht der MiFID II Themen

Regulatorisches Umfeld

MiFID II ist, neben dem Basel III-Regime, welches auf EU Ebene mittels der „Capital Requirements Directives“ (CRD II bis IV) und der „Capital Requirements Regulation" (CRR) umgesetzt wurde, ein wesentlicher Baustein einer Reihe aktueller Reformen zur Stabilisierung und Modernisierung des europäischen Finanzsystems. Wie andere aufsichtsrechtliche Neuerungen auch, ist MiFID II unter anderem durch Erkenntnisse aus der Finanzkrise getrieben. Weitere Regelungen im Bereich Wertpapier-Compliance umfassen u.a. OTC (Over the Counter)-Derivate und die europäische Marktinfrastruktur („European Market Infrastructure Regulation“ – EMIR), Marktmissbrauch („Market Abuse Directive“ – MAD), Anlageprodukte für Kleinanleger sowie Änderungen bei Transparenzanforderungen und Prospekten.

Ausblick

Die geplanten Modifikationen durch MiFID II werden grundlegende Auswirkungen auf Wertpapierfirmen (worunter auch im Wertpapiergeschäft tätige Banken und andere Finanzmarktteilnehmer verstanden werden) und auf die Struktur des europäischen Wertpapiermarktes haben. Wertpapierfirmen müssen ihre strategische Ausrichtung neu bewerten, bestehende Prozesse optimieren, neue entwickeln und umfangreiche IT Anpassungen vornehmen.

Diejenigen Akteure, die zeitnah handeln und entsprechende Vorkehrungen treffen, können sich auf die umfassenden regulatorischen Änderungen rechtzeitig einstellen und dadurch entstehende Synergien und Chancen nützen. 2018 scheint weit entfernt – angesichts des Umfangs der bevorstehenden Änderungen und Anpassungen und der noch ausstehenden Details zur Richtlinie ist es an der Zeit mit den Vorbereitungen für MiFID II zu beginnen.

Die MiFID II Experten von PwC Österreich unterstützten Sie gerne bei der Evaluierung der strategischen Implikationen von MiFID II auf Ihr Geschäftsmodell und bei der anschließenden Implementierung der notwendigen Prozesse.

Kontakt

Michael Lackner

Michael Lackner

Partner, PwC Austria

Tel: +43 699 163 056 15

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